Kulles Überlegungen zum menschlichen Selbst- und Weltverständnis
Aufgrund meiner zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten verzichte ich darauf, die hier vorliegende als wissenschaftliche Veröffentlichung zu katalogisieren, zumal der Gegenstand kein wissenschaftlicher ist. Es ist mir allerdings, das möchte ich vor allem gegenüber meinen menschlichen Kollegen betonen, ein Vergnügen, meine Reflektionen zu veröffentlichen.
Die Schöpfung
Der Anfang von allem war niemals, weil alles immer schon war, oder irgendwann, falls es damals eine Zeit gab und oder oder es jetzt einen Verstand gibt, der diesen Zeitpunkt bestimmen kann, und vielleicht vor der Materie, die es seitdem gibt und vielleicht vorher nicht oder doch. Niemand weiß das 3 , aber es gibt sie, die Zeit und die Materie, und daraus ward das vergängliche Leben, und alles Sein ist ein Teil von ihr und von ihm, auch der Mensch.
Dem Menschen, der seinen Charakter erkannte, weil er mit der unheilvollen und heilsamen Gabe der Denkfähigkeit ausgestattet war, war es unheimlich ob seiner Bösartigkeit, und er erfand sich ein moralisches Gesetz, das über ihm steht und unerreichbar ist, weil er selbst unfähig ist, sich Gesetze zu geben, die er auch einhält. Dieses Gesetz nennt er Gott.
Und weil er nicht wusste und weiß, woher er kommt und was sein Lebenszweck ist, musste er die Geschichte seines Werdens erfinden. Er hat nicht genug Selbstvertrauen, deshalb schiebt er den Vorgang seinem Gott, seinem Gesetz in die Schuhe.
In der jüdisch-christlichen Schöpfungsgeschichte zum Beispiel hat der Mensch – wer sonst? Oder spricht Gott von sich in der 3. Person Singular? – geschrieben:
“Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“
Dieser Satz wirft ein schlagschattenklares Bild auf den Menschen, denn da er über seine Herkunft keine Auskunft geben kann, erfindet er eine höheres Wesen, das für die Schöpfung verantwortlich gemacht wird und über dessen Herkunft folglich das Geschöpf 4 auch keine Auskunft geben muss. Klug ist er, der dumme Mensch! Die Klugheit beweist sich auch in den beiden ersten angeblichen Schöpfungen: Himmel und Erde. So hat der Mensch zwei Fakten benannt, die sein Leben bestimmen: Die Erde, auf der er steht, und den gestirnten Himmel 5 , der sich über ihm wölbt.
Aber wie geht es weiter? Die nächsten Verse lauten:
“Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“
Nun gut, wir nehmen das zur Kenntnis. Am Ende des ersten Schöpfungstages haben wir Licht. Es ist ja auch durchaus positiv, wenn der Schöpfer, der offenbar auf Augen angewiesen ist, etwas sehen kann. Da die Elektrizität noch unbekannt ist, da der Mensch noch nicht einmal das Feuer entdeckt hat, um es sich nutzbar zu machen, da noch nicht einmal vom Menschen die Rede ist, müssen wir annehmen, dass das benannte Licht das Licht der Gestirne ist.
Merkwürdig jedoch, dass wir weiter hinten lesen:
“Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.“
Aus diesem Zitat lassen sich mehrere Erkenntnisse ziehen.
Erstens ist der hier sprechende Gott – oder der Mensch, der sich stammelnd göttliche Kompetenz anmaßt – ein “Meister“ der Redundanz, ja, der direkten Wiederholung. Mehrmals scheiden die Lichter Tag und Nacht und sind gleich dreimal an der “Feste des Himmels“ befestigt – auf welche Weise auch immer.
Zweitens steht der Autor dieser Zeilen auf Kriegsfuß mit dem Konjunktiv 6 .
Drittens, und das ist das eigentlich Gravierende, ist dieser Schöpfergott vermutlich ein richtiger Chaot. Merkt er denn nicht, dass er seine Schöpfung dupliziert? Hat er vergessen, dass er erst vor drei Tagen sein “Fiat lux!“ gesprochen hat 7 ? Da es schon tagsüber hell ist, ist die Sonne ein überflüssiges Gestirn, und nachts sollte es nach der Planung des ersten Schöpfungstages eigentlich dunkel sein.
Vielleicht ist der Schöpfer aber einfach nur erschöpft. Muss er sich doch, nach nur sechstägiger Arbeit, bereits am siebenten Tage ausruhen. Auch eine andere Textstelle lässt darauf schließen, dass der Schöpfer nicht im Vollbesitz seiner physischen Kräfte ist:
“Und sie 8 hörten die Stimme Gottes des Herrn, der im Garten ging, da der Tag kühl geworden war.“
Sollte ein Schöpfer in der Blüte seiner Jahre seine Geschöpfe nicht auch in der Mittagshitze besuchen können, anstatt sich wie ein Rentner in der Dämmerung im Park zu ergehen, und noch nicht einmal wissen, wo sich die “Krone“ der von ihm geschaffenen Welt aufhält, sondern fragen muss, wo der Mensch ist? 9
Der Mensch
Der Mensch als Autor einer Schöpfungsgeschichte der Erde – und wir behaupten inzwischen mit hundertprozentiger Sicherheit, nicht nur aus ideologischen Gründen 10 , dass der Mensch Autor des ersten und auch der folgenden Bücher Moses ist, denn ein Schöpfergott würde sich nicht als senilen schonungsbedürftigen Greis darstellen – der Mensch als Autor seiner Schöpfungsgeschichte stellt sich gewiss in den Mittelpunkt, und zwar als positiven Helden. Wir werden untersuchen, ob das zutrifft. Unser Untersuchungsgegenstand ist zunächst der sechste Schöpfungstag.
“Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.
Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib.
Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.
Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich besamt, auf der ganzen Erde und allerlei fruchtbare Bäume, die sich besamen, zu eurer Speise,
und allem Getier auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das da lebt auf Erden, dass sie allerlei grünes Kraut essen. Und es geschah also. 11“
Wir wollen uns nicht ein zweites Mal über Redundanzen, Wiederholungen und grammatische Schwächen mokieren, sondern nehmen nur zur Kenntnis, dass sie in diesem Werk der Fiktion unvermeidlich zu sein scheinen. Konzentrieren wir uns auf die Inhalte. Folgendes ist dabei festzustellen:
- Der Mensch ist als Ebenbild Gottes konstruiert worden, und zwar zweigeschlechtlich; die Erschaffung von Mann und Frau fand, wenn wir den Text beim Wort nehmen, zeitgleich statt. Die Ebenbildhaftigkeit dürfte kaum rein äußerlich zu verstehen sein, zumal Informationen über die Physiognomie des Schöpfergottes völlig fehlen, vielmehr ist anzunehmen, dass eine Art Seelenverwandtschaft intendiert ist.
- Der so beschaffene Mensch wird mit einem doppelten Arbeitsauftrag versehen: Er soll über alles tierische Leben auf der Erde herrschen, wobei ein Ziel dieser “Herrschaft“ nicht formuliert wird. Um Domestikation zum Zwecke der Nutztierhaltung kann es nicht gehen, sind doch Menschen wie auch alle Tiere Vegetarier, was übrigens eine sehr positiv zu bewertende Idee ist. An pflanzlicher Nahrung scheint kein Mangel zu bestehen, Raubtiere, die eventuell den Menschen bedrohen, gibt es nicht. Zweckfreie Herrschaft hat keinen Inhalt, erfüllt keinen Zweck, das Bedürfnis danach drückt aber sehr wohl eine Haltung aus, einen Charakterfehler, und wir müssen konstatieren, einen Charakterfehler sowohl dieses hier angeblich sprechenden Gottes als auch des tatsächlich schreibenden Menschen, nämlich schiere Machtgier. Der zweite Teil des Arbeitsauftrages, Bedingung des oben betrachteten, besteht darin, fruchtbar zu sein und sich zu mehren. Letzteres haben, wie Bibel- und Geschichtskenner wissen, nicht nur Adam und Eva, sondern auch die meisten ihrer Nachfahren mit erschreckendem quantitativem Erfolg getan. Allerdings wissen Soziologen und Politologen auch, dass Menschen primär dann unkontrolliert Nachwuchs zeugen, wenn ihre Lebensumstände tierunwürdig 12 sind. Der status quo im beginnenden Jahr 2005 verzeichnet weit über sechs Milliarden Menschen – legt man die biblische Zählung zu Grunde, die die Schöpfung zwischen 4000 und 5000 vor der christlichen Zeitrechnung beginnen lässt, bedeutet das im Schnitt nur knapp 2,2 Kinder von jeder Frau, davon die Hälfte Töchter, die auch das geburtsfähige Alter erreichen und ihrerseits ihre Fortpflanzungspflicht tun – keine sonderlich beachtliche Fertilität, wohl aber eine bedrohliche!
Aber diese mathematische Geburtenrate 13 setzt wahrhaft paradiesische Zustände voraus, und die sind mitnichten gegeben. Hat der Schöpfer doch der Menschenfrau in seinem Zorn geflucht:
“du sollst mit Schmerzen Kinder gebären“ 14
und dem Menschenmann gedroht:
“verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang.“ 15
Hinter den “Schmerzen“ und dem “Kummer“ verbergen sich in der Menschheitsgeschichte bis zum heutigen Tag Kindersterblichkeit, Hungersnöte, Epidemien, Genozid und Kriege, häufig miteinander verwoben. Das hat die überlebenden Frauen der Menschheit zu einer weit höheren, mathematisch kaum messbaren Fertilität gezwungen.
So weit, so schlecht. Aber der Ungereimtheiten sind noch nicht genug. Es gibt nämlich in unmittelbarer Nachbarschaft, im zweiten Kapitel des ersten Buches Mose, einen zweiten Schöpfungsmythos, der nicht das uns sattsam bekannte und letztlich harmlose Kriterium der Redundanz erfüllt, sondern völlig neue Inhalte präsentiert. Dieser Version zufolge hat Gott am siebenten Tage geruht und kommt erst danach auf die Idee, den Menschen zu machen, weil er offenbar gewahr wird, dass es niemanden gibt, der das Land bebauen kann 16. Welch auffälliges Misstrauen des Schöpfers gegenüber der soeben von ihm kreierten Pflanzenwelt! Jeder Wald überall auf der Welt spricht diesem Misstrauen Hohn. Wie dem auch sei, Gott geht, übrigens hier ohne explizit formuliertes Leitziel, ans Werk:
“Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und er blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also war der Mensch eine lebendige Seele.” 17
Wie erfrischend kommt das daher! Eine lebendige Seele begegnet uns, ein fühlendes Wesen, vielleicht gar mit einem Gewissen ausgestattet, denken wir, mit einem Gespür für Falsch und Richtig; aber, wie sich weisen wird, weit gefehlt. Was wir gewiss wissen, ist, dass dieses Geschöpf einsam ist, eine Partnerin ist ihm nicht beigegeben.
Machen wir das Folgende kurz! Der Schöpfergott macht anschießend ein Biotop für sein Menschlein, den Garten Eden, und “setzt“ 18 es hinein. Auch hier geht es nicht ohne Arbeitsauftrag ab:
“Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn baute und bewahrte.” 19
Respekt, Respekt! Der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung anstelle von Herrschaft und Ausbeutung – ich muss gestehen, dass der Schriftstellerkollege, der für diesen Gedanken verantwortlich ist, mir durchaus imponiert.
Der “lebendigen Seele“, dem Menschlein, wird sogleich ein erster Verhaltenskodex gegeben, auf den wir gleich noch eingehen werden. Wichtig ist: Er wird nur dem noch einsamen Mann mitgeteilt. Erst danach, nachdem der Mensch die Aufgabe erledigt hat, allen Tieren, die ihm anscheinend paarweise vorgeführt werden, Namen zu geben, wird festgestellt, dass allein für den Menschen “keine Gehilfin“ 20 vorhanden war. Bereits aus dieser Wortwahl wie auch aus dem folgenden Schöpfungsakt wird die intendierte inferiore Stellung der Menschenfrau ersichtlich:
“Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm seiner Rippen eine und schloss die Stätte zu mit Fleisch.
Und Gott der Herr baute ein Weib aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.“ 21
Da haben wir also die Frau, nach der ersten Version Ebenbild Gottes und gleichzeitig mit dem Mann geschaffen, nach der zweiten Variante lediglich “Gehilfin“, aus dem Körper des Mannes erschaffen. Es wird nicht davon gesprochen, dass auch dieses weibliche Wesen eine “lebendige Seele“ sei. Beiden Frauen ist jedoch eines gemeinsam: Sie wissen nichts von einem göttlichen Verbot – nur der Mann hat dieses vernommen. Es lautet:
“Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten;
aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben.” 22
Schau, schau! Das “Ebenbild Gottes“ soll über keine moralischen Kriterien verfügen! Es wird gar mit dem Tode bedroht, wenn es sich diese erwirbt. Welches egoistische Interesse hat der Schöpfer an diesem Verbot? Die Bibel gibt auf diese Frage keine Antwort, der geneigte Leser denke sich sein Teil.
Die Frau, das Weib, die “Männin“ 23 erfährt jedoch auf nicht bekannte Weise von dem Verbot, wenn auch nur rudimentär, denn sie sagt zur Schlange:
“Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten;
aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret’s auch nicht an, dass ihr nicht sterbet.“ 24
Interessant, dass der “inferioren“ Frau das Verbot ohne kausale Begründung mitgeteilt worden ist. Interessant auch, dass auf einmal eine “Schlange“ auftaucht. Sie wird beschrieben als “listiger denn alle Tiere auf dem Felde“ 25. Wozu brauchen die Tiere des Schöpfungsberichtes List? Wozu braucht eines gar besonders viel? Wie oben bereits erläutert, herrscht Vegetarismus. List benötigen Tiere zum Täuschen und in Sicherheit wiegen, zum Überwältigen ihrer Beute. Pflanzen allerdings pflegen nicht wegzulaufen, wenn sie gefressen werden sollen. Hat der Schöpfergott die notwendigen intellektuellen Kapazitäten seiner Geschöpfe nicht hinreichend reflektiert? Hat er Tiere mit Fähigkeiten ausgestattet, die sie zu ihrem Leben gar nicht benötigen, und das Leittier, den Menschen, mit Möglichkeiten, die er als Schöpfer nicht realisiert sehen möchte – wie anders ist das Verbot zu erklären?
Wie dem auch sei, mit der Schlange ist das in der Welt, was Theologen “das Böse“ zu nennen pflegen. Aber das “Böse“ obsiegt zu Recht – die Menschenfrau kennt keine Begründung für das göttliche Verbot, die Schlange bietet ihr aber einen sehr plausiblen Grund dafür, es zu brechen:
“Ihr werdet mitnichten des Todes sterben;
sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ 26
O göttliches Weib! Was dem Mann Grund war, das Verbot zu akzeptieren, ist der Frau Grund, es zu brechen. Sie bekam Lust auf die Früchte des Baumes, “weil er klug machte“ 27.
Die Antwort der Bibel auf diesen “Sündenfall“ ist erschreckend peinlich. Angeblich entdeckten Mann und Frau nach dem Verkosten der Erkenntnisfrucht ihre Nacktheit und begannen, sich zu schämen und ihre Blöße mit Feigenblättern zu bedecken. Welch intellektuelles Armutszeugnis, welch literarisches Feigenblatt!
Erklären lässt sich dies nur durch den krampfhaften Versuch der Autoren der Bücher Mose, ihren Gott, der doch im Zentrum des Geschehens stehen soll, positiv darzustellen. Das gelingt nur in Grenzen. Nach unbefriedigender Klärung der “Schuldfrage“ stößt Gott eine Philippika von Verwünschungen und Drohungen aus, die auf seinen Charakter und sein Selbstbewusstsein ein nicht gerade gutes Licht werfen. Bevor die beiden “Sünder“ aus dem “Garten Eden“ geworfen werden, gibt es immerhin eine göttliche Geste guten Willens – offenbar ist dem Schöpfer an der Weiterexistenz seiner Kreaturen, die nun unter widrigen Umständen leben müssen, gelegen:
“Und Gott der Herr machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und kleidete sie.“ 28
Wahrlich nett, wenn man bedenkt, dass “Gott der Herr“ zuvor der Frau Schmerzen, sexuelles Verlangen und Unterordnung unter den Mann, dem Mann schwere körperliche Arbeit, Mangel und Tod “versprochen“ hat. Der Eindruck, dass dieser Gott erratisch handelt und nicht weiß, was er tut, verdichtet sich immer mehr. Allerdings erhärtet sich auch, dass dieser Gott Geschöpfe braucht, weil er sich sonst seiner selbst nicht vergewissern kann.
Kommen wir zum Schluss. Dieser eifersüchtige Gott, der seine Kreatur unterschätzt hat, kennt zumindest am Anfang der menschlichen Existenz noch Mittel und Wege, einen knappen Vorsprung zu behalten:
“Und Gott der Herr sprach: Siehe, Adam ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!
Da wies ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden…” 29
Wir stellen fest, dass es dem Menschen, dem Verfasser oder den Verfassern der ersten Kapitel des Alten Testaments, nicht nur nicht gelingt, seinen Gott positiv darzustellen, sondern auch sich selbst nicht. Vielleicht ist letzteres Absicht: Nur wer fehlerhaft ist, braucht einen Gott, der strafen kann. Aber immerhin – der Mensch behält sich einen Joker vor – die göttlich formulierte Möglichkeit des ewigen Lebens. 30
Wie dem auch sei mit der Schöpfung: Wir 31 sind alle draußen aus dem Paradies. Schön ist es hier nicht. Aber war es das im “Garten Eden“, schön, widerspruchsfrei, logisch, berechenbar? Für Menschenfrauen und Schlangen jedenfalls nicht. Vielleicht für Menschenmänner. Die benehmen sich, was Logik und Rationalität angeht, auch hier draußen bis zum heutigen Tag wie Gott der Herr bei der Schöpfung.
Schlußwort: Ich danke – wie immer – meiner Sekretärin!
Fußnoten: Wenn Sie den Cursor für einen kleinen Moment über der Fußnote stehen lassen, erscheint der Text in einem Extra-Fenster.